Die richtige Ausbildung für den weiteren Weg

Fabian Hess bleibt im Betrieb und wird als Treppenmonteur angestellt. Bild: PD

Derzeit werden in der ganzen Schweiz die Fähigkeitszeugnisse und Berufsatteste in einem feierlichen Rahmen verteilt. Vier Lernende, davon ein Wagner, blicken auf ihre Ausbildung zurück und erzählen in der Lehrziit der Schreinerzeitung, wie es für sie beruflich weitergeht.

Der Lehrvertrag von Janine Walser läuft noch bis Ende Juli. Ab August ändern sich zwar ihre Anstellungsbedingungen, der Betrieb bleibt aber der gleiche: Die Gläser AG in Mümliswil SO. «Es ist ein tolles Unternehmen mit guten Leuten. Ich freue mich, dass ich nach der Lehre bleiben darf», sagt die 19-Jährige. Sie sei froh, dass die vierjährige Ausbildung nun vorbei sei, obwohl sie die Zeit genossen habe. «Das letzte halbe Jahr war wegen des Qualifikationsverfahrens (QV) anstrengend. Ich war erleichtert, als wir in der Allgemeinkunde die letzte Prüfung hinter uns hatten. Weniger gut war mein Gefühl allerdings nach der Zeichnen-Schlussprüfung. Aber ich habe dort eine gute Vornote und hoffte, damit es so reichen wird.» Zum Glück sei ihr das Lernen im Gegensatz zu früher mit der Zeit einfacher gefallen. Sie könne mittlerweile besser zuhören, sagt sie.

Zur Berufsschule musste Janine Walser nach Grenchen SO. Für einen Weg benötigte sie mit dem Auto rund 40 Minuten. «Das war schon weit, vor allem zuvor noch mit dem ÖV. Aber die Klasse und die Lehrkräfte waren gut. Ich bin gerne hingegangen», resümiert sie.

Ein Streich bleibt in Erinnerung

In der Berufsschule hat Janine Walser viele schöne Momente erlebt. «Als besonders schöner und lustiger Tag wird mir ein 1. April in Erinnerung bleiben. Die Klasse wollte dem Lehrer einen kleinen Streich spielen und hatte die Uhr um eine Stunde vorgestellt, und er hatte es nicht bemerkt. Wir konnten dann tatsächlich eine Stunde früher gehen.» Als man ihn auf die List aufmerksam gemacht hatte, nahm es der Lehrer mit Humor.

Das praktische Arbeiten fällt der jungen Schreinerin grundsätzlich einfacher als das schriftliche. Auf die IPA, die Individuelle Praktische Arbeit, hatte sie sich gefreut. «Ich wusste von Beginn an, dass ich ein Bett für mich herstellen möchte. Ich wählte dafür Nussbaum.» Das Besondere am Material sei gewesen, dass der Stamm gebrannt hatte und sie aus den Resten das Bett herstellte. Die Solothurnerin hat noch ein zweites Möbel, das für sie besonders ist: eine Garderobe. Letztes Jahr hat sie mit dieser den kantonalen Lernendenwettbewerb Holz-Art gewonnen. «Ich durfte das Möbel an der Messe Holz in Basel im Rahmen des Schreiner-Nachwuchsstars ausstellen, was sehr schön war», erzählt sie.

Die Lehre als Schreinerin sei für sie die richtige gewesen. «Zuerst hatte ich den Beruf nicht auf dem Radar, weil ich dachte, dass es ein typischer Männerberuf sei. Dann war ich in der achten Klasse schnuppern und war begeistert.» Die nächsten zwei Jahre will Janine Walser als Bankschreinerin arbeiten. Später kann sie sich vorstellen, noch die zweijährige Lehre als Landwirtin zu absolvieren. «Ich stamme aus einer Bauernfamilie. Mein Bruder übernimmt den Hof. Mein Freund und ich überlegen aber, später einen eigenen Hof zu übernehmen. Dann würde ich zu 50 Prozent als Landwirtin und zu 50 Prozent als Schreinerin tätig sein. Das wäre die ideale Mischung für mich.»

Wechsel des Lehrbetriebs nötig

Jessica Zbären freut sich, als frisch Ausgelernte flexibler als in der Lehrzeit sein zu können. Die «Gspänli» aus der Berufsschule, zu denen auch Janine Walser gehört, wird sie jedoch vermissen. «Es war eine gute Abwechslung zum Arbeitsalltag, und wir hatten viele lustige Momente», erzählt die 20-Jährige aus Hubersdorf SO. Im zweiten Lehrjahr hat sie zudem mit der Berufsmatur angefangen. «Das wurde plötzlich möglich, weil ich wegen des Todesfalls meines Chefs den Lehrbetrieb wechseln musste.» Das sei für sie damals schwierig gewesen, und sie hatte das verarbeiten müssen. Über Kontakte habe sie zum Glück schnell einen neuen Arbeitgeber gefunden: die Gebrüder Frei AG in Deitingen SO, wo bereits zwei aus ihrer Klasse angestellt waren. Dort gefällt es ihr gut, und sie ist dankbar, dass sie ihre Ausbildung fortführen konnte.

Das QV sei gut gelaufen, sagt Jessica Zbären. «Ich habe mich halt wirklich an der Nase genommen und mich gut vorbereitet.» Am aufwendigsten fand sie die IPA, die ihr dennoch Spass gemacht hat. Sie hat ein Sideboard mit Schubladen und Türen produziert. Es besteht aus Altholz und ist mit Kunstharz belegt. «Ich bin damit sehr zufrieden. Das ist mein wertvollstes Möbel, und ich öffne mein Fenster aus Angst vor dem Kaputtgehen nicht mehr.»

Andere suchten nach Fehlern

Für den Solothurner Lernendenwettbewerb hatte sie letztes Jahr einen Spieletisch hergestellt, für den sie den zweiten Preis gewonnen hatte und den sie an der Messe Holz ausstellen durfte. «Das war ein cooler Anlass, obwohl der Aufwand recht gross war. Viele der Besucher und Besucherinnen suchten nach Fehlern und teilten diese auch mit. Dies ist leider so, wenn alle vom Fach sind. Ich nahm es aber mit Humor, da ich nicht anders bin.»

Nach den Sommerferien macht die junge Schreinerin in einem Jahreskurs die Passerelle an der Kanti Solothurn. «Ich möchte Werklehrerin werden. Dafür gehe ich danach an die Pädagogische Hochschule. Werklehrpersonen sollten eine Ahnung vom Handwerk haben, finde ich.» Da sie Kinder möge, sei das die ideale Kombination für sie. Ob sie an der Primarschule oder in der Oberstufe unterrichten möchte, weiss sie noch nicht. Bis dahin und auch während des Studiums möchte sie sicher auch als Schreinerin arbeiten, um Erfahrung zu sammeln, Geld zu verdienen und zu sparen.

Einer von wenigen

Fabian Hess freut sich auf die Lehrabschlussfeier am Wochenende. Dann erhält er sein Fähigkeitszeugnis als Schreiner Fachrichtung Wagner. «Mir kommt es vor, als hätte ich die Ausbildung gerade erst angefangen. Schon krass, dass es nun vorbei ist», sagt der 19-Jährige aus Beckenried NW. Die ersten zwei Jahre seien angenehm und stressfrei verlaufen. «Die Teilprüfung war dann schon happig. Ich habe viel in meiner Freizeit trainiert. Ich hatte mir selbst viele Gedanken gemacht und Druck aufgebaut. Aber es kam gut.» Die Berufsschule hat er mit seinem Wagner-Mitstift in einer normalen Schreinerklasse in Sarnen OW besucht. «Das fand ich super und könnte nun auch als Schreiner arbeiten. Ausser dem Fensterbauerkurs haben wir alles mitgemacht, aber noch eigene, spezifische üKs besucht.» Für die Wagner-Ausbildung hat er sich entschieden, nachdem er in unterschiedlichen Betrieben geschnuppert hatte. «Mich hat vor allem die Arbeit mit Massivholz angesprochen und dass man auch drechseln, Holz biegen und ein Wagenrad bauen lernt», beschreibt der Nidwaldner. Zudem habe ihn motiviert, dass es nur noch wenige Wagner gibt. Die Arbeit im Lehrbetrieb, der Ambauen Treppen AG in Beckenried, empfindet er als abwechslungsreich. «Wir stellen viele Schlitten und Treppen her. Keine ist wie die andere, das mag ich.» Ab und zu hat Fabian Hess einen Tisch oder einen Schrank hergestellt, was er jeweils spannend fand.

Ein Bett mit Wagnerdetails

Als IPA hat der Innerschweizer ein Bett hergestellt. «Ich hatte viele Ideen für die Arbeit. Zum Beispiel ein Töffli aus Holz. Aber da ich dessen Nutzen anzweifelte und ich noch kein grosses Bett hatte, entschied ich mich dafür», erzählt er. Er wollte etwas, das er brauchen und für immer behalten könne. Um typische Wagnerarbeiten im Bett einzubauen, hat Fabian Hess kleine Sprossen im gegehrten Rahmen des Kopfteils eingelassen. Das ganze Bett hält nur durch Holzverbindungen. «Den Lattenrost habe ich ebenfalls selbst hergestellt, nach dem Prinzip eines Schlittens.»

Der junge Wagner bleibt im Betrieb und wird als Treppenmonteur angestellt. «Ich will das sicher ein Jahr machen. Später kann ich mir vorstellen, eine Weiterbildung zu machen und auch mal in einem normalen Schreinerbetrieb zu arbeiten», sagt Hess. Im Januar muss er aber zuerst in die Rekrutenschule einrücken. «Der Zeitpunkt ist für mich etwas blöd, da ich ein eingefleischter Fasnächtler bin und in einer Guggenmusik spiele.»

Mit der Klasse nach Strassburg

Nach der Abschlussfeier zieht es Nehiel Rech mit den meisten seiner Klassengspänli nach Strassburg (F), wo sie nochmals feiern. «Wegen der Pandemie konnten wir keine Ausflüge unternehmen und wollen das nachholen», sagt der 20-Jährige aus Toffen bei Belp BE. Zur Schule ging er in Langnau BE, sein Lehrbetrieb ist die Röthlisberger AG – die Schreinermanufaktur in Schüpbach BE. Er ist froh, dass die Ausbildung vorbei ist. «Die meisten meiner Freunde sind schon fertig. Entweder weil sie eine dreijährige Lehre machten oder weil sie älter sind.» In die Abschlussprüfungen habe er nicht viel investieren müssen, erzählt der Berner. Er habe während der vier Jahre den Stoff immer gut gepaukt und alte Prüfungen gelöst, so musste er zum Schluss nicht mehr viel lernen. «Das Anstrengendste fand ich die Teilprüfung, für die ich viel trainiert hatte.»

Der Wechsel war richtig

Die ersten eineinhalb Jahre der Ausbildung hatte Nehiel Rech in einem anderen Unternehmen absolviert. «Durch viele Wechsel blieb dort für mich nur wenig Zeit übrig, was nicht ideal war. Es war richtig, den Betrieb zu wechseln.» Bei seinem jetzigen Arbeitgeber gefällt es ihm gut. Da sie relativ viele Lernende seien, müsse man jedoch von sich aus motiviert sein und sich zeigen, um nicht unterzugehen, meint er. Er arbeitet sehr gerne auf dem Bau, wo er zuletzt vermehrt eingesetzt wurde. «Das macht mir Spass.»

Bis Ende August ist Rech bei der Röthlisberger AG angestellt. Dann muss er zur Armee. Eingeteilt ist er in der Romandie. «Meine Begeisterung fürs Militär hält sich in Grenzen», sagt er. Was er danach beruflich macht, ist noch offen. Er könnte temporär arbeiten und sich andere Unternehmen ansehen. «Ich finde Schreiner eine gute Grundausbildung. Ich denke aber nicht, dass ich die Arbeit mein ganzes Leben lang machen werde. Ich möchte mal ins Büro wechseln. Eine Option wäre, an die Höhere Fachschule Holz in Biel zu gehen und Techniker Holztechnik zu studieren.»

Nicole D'Orazio

www.glaeser-muemliswil.ch www.frei-kuechenbau.ch www.ambauen.ch www.schreinermanufaktur.ch